Dreistufiges Wirkungsmodell zeigt, wie Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU Mehrwert schafft: externe Impulse wie Kundenanfragen und ESG-Anforderungen führen zu interner Transformation und messbaren Outcomes wie Effizienzgewinnen und besserem Risikomanagement

Lohnt sich freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung? Was zwölf Unternehmen berichten

Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung untersucht, wie Nachhaltigkeitsberichterstattung in Unternehmen wirkt – und kommt zu einem differenzierten Ergebnis: Der Mehrwert liegt nicht etwa nur in einem Nachhaltigkeitsbericht, sondern in den Veränderungen, die der Prozess anstößt. Zudem hat sich für viele mittelständische Unternehmen die regulatorische Ausgangslage in den vergangenen Monaten grundlegend verändert. Das Omnibus-Paket der EU-Kommission reduziert den Anwendungsbereich der CSRD deutlich und damit auch den regulatorischen Druck, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Gleichzeitig bleiben die Anforderungen aus der Lieferkette bestehen: Großkunden fragen ESG-Daten ab, Banken berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien bei der Kreditvergabe, und der europäische VSME-Standard bietet erstmals einen auf KMU zugeschnittenen Berichtsrahmen.

Sollten wir einen freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht erstellen?

Die zentrale Frage lautet daher nicht mehr „Müssen wir berichten?“, sondern „Sollten wir freiwillig berichten – und wenn ja, unter welchen Bedingungen?“ Genau dieser Frage widmet sich eine im November 2025 veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung. Forschende der Universitäten Hamburg und St. Gallen haben zwölf Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen befragt, vom Maschinenbauer bis zum Einzelhändler, von der Wohnungswirtschaft bis zur Logistik. 

Die Ergebnisse zeigen: Nachhaltigkeitsberichterstattung kann messbaren Mehrwert schaffen, und zwar durch Effizienzgewinne, besseres Risikomanagement, gesicherten Kundenzugang und eine erweiterte strategische Steuerung. Ob dieser Mehrwert von den Unternehmen erschlossen werden kann, hängt allerdings stark davon ab, wie die Unternehmen den Prozess gestalten. Dieser Artikel fasst die zentralen Erkenntnisse der Studie zusammen und ordnet sie für den Mittelstand ein.

Der Mehrwert liegt im Prozess, nicht im PDF

Die zentrale Erkenntnis der Studie lässt sich so zusammenfassen: Der finanzielle Nutzen von Nachhaltigkeitsberichterstattung entsteht nicht allein durch das fertige Dokument. Er entsteht durch die organisationalen Veränderungen, die der Berichtsprozess anstößt, und durch die gezielte Nutzung der erhobenen nachhaltigkeitsrelevanten Daten.

Die Forschenden haben ein Wirkungsmodell entwickelt, das diesen Zusammenhang abbildet. Es zeigt: Nachhaltigkeitsberichterstattung kann als externer Impuls wirken, der interne Transformationsprozesse in Gang setzt. Diese führen zu messbaren Outcomes – von Effizienzgewinnen über bessere Steuerung bis hin zu verbessertem Kundenzugang – mit den daraus resultierenden Kostensenkungen oder Umsatzsteigerungen.

Entscheidend ist das Wort „können“. Denn ob und in welchem Maße diese Wirkungskette tatsächlich eintritt, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Angefangen bei der  Ausgangslage im Unternehmen, den verfügbaren Ressourcen, der Branche und nicht zuletzt davon, ob die Berichterstattung als strategisches Projekt oder als Pflichtübung verstanden wird.

Wie Nachhaltigkeitsberichterstattung Mehrwert schafft

Das Wirkungsmodell zeigt: Der Nutzen entsteht nicht durch das fertige Dokument, sondern durch die Transformation, die der Prozess anstößt.

Stufe 1

Externer Impuls

Kundenanfragen nach ESG-Daten
ESG-Ratings von Banken und Investoren
Lieferketten-Anforderungen
Stakeholder-Erwartungen
Stufe 2

Interne Transformation

Strategische Aufwertung des Themas
Professionalisierung der Datenerfassung
Aufbau von Governance-Strukturen
Verbesserte Zusammenarbeit
Systematisches Stakeholder-Engagement
Stufe 3

Messbare Outcomes

Effizienzgewinne durch Datentransparenz
Erweitertes Risikomanagement
Gesicherter Kundenzugang
Reduzierter Aufwand bei Anfragen

Die Studie zeigt: Wo klare Verantwortlichkeiten für Nachhaltigkeit fehlen, entstehen Ineffizienzen – Doppelarbeiten, verspätete Reaktionen auf regulatorische Anforderungen, Abstimmungsprobleme zwischen Abteilungen. Der Berichtsprozess kann hier als Katalysator wirken, um Zuständigkeiten zu klären und Verantwortlichkeiten in Gremien zu verankern.



Fünf Transformationsprozesse, die Unternehmen beschreiben

Die Interviews zeigen wiederkehrende Muster. Fünf Transformationsprozesse werden von den befragten Unternehmen besonders häufig genannt:

Strategische Aufwertung und Themenpriorisierung

Mehrere Interviewpartner berichten, dass die Berichterstattung dem Thema Nachhaltigkeit intern mehr Gewicht verliehen hat. Die systematische Auseinandersetzung mit Wesentlichkeitsanalysen und Stakeholder-Perspektiven führt dazu, dass Nachhaltigkeit vom Randthema zum strategischen Querschnittsthema wird.

Ein Nachhaltigkeitsmanager aus der Lebensmittelbranche beschreibt: „Wir haben 16 wesentliche Themen definiert und dann für jedes Thema festgelegt: Was ist unsere Ambition? Was sind unsere Leitziele, unsere operativen Ziele? Wie messen wir diese und wo liegen die Verantwortlichkeiten? Das ist eindeutig aus dem Berichterstattungsprozess heraus entstanden.“

Professionalisierung und Systematisierung

Die Berichterstattung animiert Unternehmen dazu, Daten zu erheben, die vorher nicht systematisch erfasst wurden. Das schafft Transparenz, manchmal auch in Bereichen, die man lieber nicht so genau betrachtet hätte.

Ein Interviewpartner aus dem produzierenden Gewerbe formuliert es pragmatisch: Viele Kennzahlen seien vorher „eher in den Köpfen“ gewesen – durch die Berichterstattung würden sie „systemseitig erfasst“. Die Lernkurve sei anfangs steil, der langfristige Nutzen aber erheblich.

Aufbau von Governance-Strukturen

Die Studie zeigt: Wo klare Verantwortlichkeiten für Nachhaltigkeit fehlen, entstehen Ineffizienzen – Doppelarbeiten, verspätete Reaktionen auf regulatorische Anforderungen, Abstimmungsprobleme zwischen Abteilungen. Der Berichtsprozess kann hier als Katalysator wirken, um Zuständigkeiten zu klären und Verantwortlichkeiten in Gremien zu verankern.

Stärkung der internen Zusammenarbeit

Nachhaltigkeitsberichterstattung bringt Abteilungen zusammen, die vorher wenig miteinander zu tun hatten: Nachhaltigkeit, Einkauf, Produktion, Finanzen, IT und HR. Ein Interviewpartner bringt es auf den Punkt: „Das Reporting zwingt dazu, verschiedene Abteilungen zusammenzubringen, die vorher nebeneinander her gearbeitet haben.“ 

Einführung von Stakeholder-Engagement-Formaten

Die systematische Einbindung von Mitarbeitenden, Lieferanten und Kunden wird durch den Berichtsprozess oft erstmals formalisiert. Was vorher „nice to have“ war, wird zur verbindlichen Aufgabe – mit dem Potenzial, Beziehungen zu stärken und neue Perspektiven zu gewinnen.

Die Studie unterstreicht einen Zusammenhang, den wir in unserer Beratungspraxis bei NordKompass immer wieder beobachten: Der Unterschied zwischen Aufwand ohne Ertrag und echtem Mehrwert liegt in der strategischen Herangehensweise.



Vier Bereiche, in denen Unternehmen Mehrwert erkennen

Die befragten Unternehmen bewerten den Nutzen der Berichterstattung unterschiedlich, je nach Branche, Größe und strategischer Ausgangslage. Jedoch werden die folgenden vier Bereiche besonders häufig genannt:

Effizienzgewinne durch Datentransparenz

Die für den Bericht notwendige Datenerfassung deckt oft erstmals Ineffizienzen auf. Ein Unternehmen entdeckte durch die CO₂-Bilanzierung, dass 50 Prozent des Energieverbrauchs an einem Standort auf die Klimaanlage entfielen, und stellte die Technologie um. Ein anderes Unternehmen fand ungünstige Altverträge, die nie optimiert wurden.

Diese Effizienzpotenziale könnten theoretisch auch ohne Berichterstattung gehoben werden. Die Studie zeigt aber: Der Berichtsprozess und die gezielte Datenerfassung liefert oft den Anstoß, sich mit diesen Themen systematisch zu beschäftigen.

Erweitertes Risikomanagement

Die Wesentlichkeitsanalyse bringt Risiken ans Licht, die im klassischen Risikomanagement nicht sichtbar sind. Ein Nachhaltigkeitsmanager berichtet von einem Standort in einer Region mit hoher Wasserknappheit. Das war ein Risiko, das vorher nirgends dokumentiert war, obwohl das Unternehmen aus Kostengründen bereits geschlossene Wasserkreisläufe eingeführt hatte.

Erwartungen von Kunden

Für Unternehmen in der Lieferkette größerer Konzerne wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend zur Eintrittskarte. Ein Interviewpartner formuliert es unverblümt: „Das ist nach dem Motto ‚friss oder stirb‘. Dieser externe Druck ist letztlich der Grund, warum wir uns überhaupt auf diesen Weg gemacht haben.“ 

Die Anforderungen reichen von kompletten Nachhaltigkeitsberichten bis zu einzelnen Datenpunkten oder Product Carbon Footprints. Wer diese nicht liefern kann, riskiert, bei Ausschreibungen nicht mehr berücksichtigt zu werden.

Reduzierter Aufwand bei Kundenanfragen

Mehrere Unternehmen berichten, dass ein strukturierter Nachhaltigkeitsbericht den Aufwand für die Beantwortung individueller Kundenanfragen deutlich reduziert. Statt jede Anfrage einzeln zu bearbeiten, kann auf den Bericht verwiesen werden.

Wovon der Mehrwert abhängt

Die Studie macht deutlich: Nachhaltigkeitsberichterstattung ist kein Selbstläufer. Ob sich der Aufwand lohnt, hängt von mehreren Faktoren ab.

Interne Faktoren

Die Ausgangslage im Unternehmen spielt eine zentrale Rolle: Wie weit ist das Nachhaltigkeitsmanagement bereits entwickelt? Welche Daten liegen vor? Welche Ressourcen und welche Expertise sind verfügbar? Unternehmen, die bei null anfangen, haben eine steilere Lernkurve, aber auch größere Potenziale für Verbesserungen.

Ebenso wichtig: das interne Narrativ. Wird die Berichterstattung als strategisches Projekt verstanden oder als lästige Pflichtübung? Die Interviews zeigen, dass das Framing entscheidend beeinflusst, welche Wirkung der Prozess entfaltet.

Externe Faktoren

Branchen- und Marktfaktoren bestimmen, wie stark der externe Druck ist und welche Hebel besonders relevant sind. Ein Unternehmen mit großen B2B-Kunden, die selbst CSRD-pflichtig sind, steht vor anderen Anforderungen als ein Dienstleister mit überwiegend regionaler Kundschaft.

Auch die Ausgestaltung der Berichtsstandards spielt eine Rolle: Wie klar sind die Anforderungen formuliert? Wie gut passen sie zu den tatsächlichen Gegebenheiten im Unternehmen?

Was diese Erkenntnisse bestätigen

Die Studie unterstreicht einen Zusammenhang, den wir in unserer Beratungspraxis bei NordKompass immer wieder beobachten: Der Unterschied zwischen Aufwand ohne Ertrag und echtem Mehrwert liegt in der strategischen Herangehensweise. Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichterstattung als reines Compliance-Projekt behandeln, erleben den Prozess als eine Belastung. Unternehmen, die den Prozess nutzen, um Daten für bessere Entscheidungen zu gewinnen und Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsstrategie zu integrieren, berichten von tatsächlichen und messbaren Vorteilen.

Der VSME-Standard bietet hier einen pragmatischen Einstieg: modular aufgebaut, auf die Realität kleinerer Unternehmen zugeschnitten und mit überschaubarem Aufwand umsetzbar – vorausgesetzt, er wird nicht isoliert betrachtet, sondern als Teil einer durchdachten Nachhaltigkeitsstrategie.

Was bedeutet das für mittelständische Unternehmen?

Die Studie bestätigt, was viele Praktiker intuitiv wissen: Ein Nachhaltigkeitsbericht, der nur um des Berichtens willen erstellt wird, bringt wenig. Der Mehrwert entsteht dann, wenn der Prozess genutzt wird, um das eigene Unternehmen besser zu verstehen, Daten für Entscheidungen zu nutzen und Nachhaltigkeit strategisch zu verankern.

Für Unternehmen, die über freiwillige Berichterstattung nachdenken, ergeben sich daraus einige Leitfragen:

  • Welche konkreten Ziele verfolgen wir mit der Berichterstattung – jenseits von Compliance?
  • Welche internen Prozesse könnten durch die systematische Datenerfassung verbessert werden?
  • Wie wichtig ist Nachhaltigkeitstransparenz für unsere Kunden und Geschäftspartner?
  • Haben wir die Ressourcen, um den Prozess strategisch zu gestalten – oder wird er zur reinen Pflichtübung?

Die Antworten auf diese Fragen sind so individuell wie die Unternehmen selbst. Was die Studie zeigt: Wer Nachhaltigkeitsberichterstattung als Transformationsprojekt begreift, hat bessere Chancen, daraus tatsächlichen Mehrwert zu ziehen.

Wie Sie ESG-Themen strategisch angehen und den VSME-Standard praktisch umsetzen, erfahren Sie in unseren weiteren Artikeln im NordKompass-Blog:

ESG-Strategie Teil 1: Nachhaltigkeitsreporting allein erzeugt noch keinen Mehrwert für Ihr Unternehmen

ESG-Strategie Teil 2 – Wie die ESG-Strategieentwicklung in der Praxis gelingt

ESG-Backlash und der Mittelstand: Warum Unternehmen trotzdem investieren

Quelle: Reppmann, Manuel, Ströhle, Judith und Edinger-Schons, Laura Marie (2025). Mehr als Reporting: Wie Nachhaltigkeitsberichterstattung Wert für Unternehmen schafft. Hrsg. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh.

Häufige Fragen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Hier beantworten wir Ihnen Fragen zum Blogartikel.

Weitere Antworten finden Sie auf unserer Homepage unter Fragen und Antworten.

Was ist der Unterschied zwischen CSRD und VSME?

Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) verpflichtet große Unternehmen zu umfassender Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Der VSME (Voluntary SME Standard) ist hingegen ein freiwilliger, modularer Standard, der speziell für kleine und mittlere Unternehmen entwickelt wurde. Er ermöglicht eine schrittweise Herangehensweise mit deutlich geringerem Aufwand – ideal für Mittelständler, die nicht berichtspflichtig sind, aber dennoch strukturiert über ihre Nachhaltigkeitsleistungen kommunizieren möchten.

Lohnt sich freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung ?

Die Bertelsmann-Studie zeigt: Der Mehrwert entsteht nicht durch das fertige Dokument, sondern durch die Veränderungen, die der Berichtsprozess anstößt – von Effizienzgewinnen über besseres Risikomanagement bis hin zu gesichertem Kundenzugang. Entscheidend ist, dass die Berichterstattung als strategisches Projekt verstanden wird und nicht als reine Pflichtübung.

Wie viel Aufwand bedeutet ein VSME-Bericht für ein mittelständisches Unternehmen?

Das hängt stark von der Ausgangslage ab: Welche Daten liegen bereits vor? Wie weit ist das Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt? Der modulare Aufbau des VSME ermöglicht einen schrittweisen Einstieg – beginnend mit dem Basic Module, das die wichtigsten Kennzahlen abdeckt. Unternehmen, die strukturiert vorgehen und den Prozess strategisch einbetten, berichten von einer steilen Lernkurve im ersten Jahr, aber deutlich reduziertem Aufwand in den Folgejahren.

Die Autorin:

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