
Verunsicherung beim Thema ESG – Warum vorausschauende Mittelständler jetzt erst recht auf Nachhaltigkeit setzen
Eine Bestandsaufnahme zwischen politischen Turbulenzen und unternehmerischer Realität.
Mittelständische Unternehmer erleben derzeit eine paradoxe Situation: Ihre Kunden fordern weiterhin CO₂-Bilanzen, Banken verlangen Nachhaltigkeitskennzahlen, doch gleichzeitig suggerieren Schlagzeilen weltweit eine Krise von ESG und Nachhaltigkeit. Das erzeugt Verunsicherung: Was gilt nun für Sie als Unternehmer?
Unser Blogpost wirft einen Blick auf die aktuelle Studienlage und die unternehmerische Realität.
Was Umfragen zur Nachhaltigkeit sagen
Lassen Sie uns einen Blick auf die Fakten werfen. Denn während politische Diskussionen für Verwirrung sorgen, sprechen Umfragen eine andere Sprache.
Ein kurzer Blick zurück
Vor einem Jahr sprachen Analysen eine eindeutige Sprache. Das Marktforschungsunternehmen Gartner stellte fest: „Echte Transformation umfasst neue nachhaltige Geschäftsmodelle, die innerhalb von 10 Jahren 30 % oder mehr des Umsatzes generieren.“
Gartner berichtete weiter, dass 69 Prozent der befragten CEOs Nachhaltigkeit als eine der größten Wachstumschancen für ihr Unternehmen sehen.
Während politische Diskussionen für Verwirrung sorgen, sprechen Umfragen eine andere Sprache: Aktuell gibt es neunmal mehr Unternehmen mit Klimazielen als 2019 und 37 % der Unternehmen verstärken ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen. (PwC, State of Decarbonization 2025)
Diese Einschätzung zum Wachstumsfaktor Nachhaltigkeit steht nicht allein:
Vor zwei Jahren: Harvard Business Review dokumentierte, dass nachhaltige Produkte zwischen 2013 und 2023 um 29% gewachsen sind und dabei fünfmal schneller zulegten als konventionelle Alternativen.
Die NYU Stern School analysierte über 1.000 Forschungsarbeiten aus den Jahren 2015-2020. Das Ergebnis: 58% der Studien fanden positive Zusammenhänge zwischen Nachhaltigkeitsmaßnahmen und finanzieller Performance. Unternehmen, die ihre ESG-Bewertung verbesserten, übertrafen jene mit einer Verschlechterung um durchschnittlich 3,8% jährlich.
McKinsey identifizierte sogenannte „Triple Outperformers“ – Unternehmen, die gleichzeitig in Wachstum, Profitabilität und Nachhaltigkeit überdurchschnittlich abschneiden. Diese erreichten ein medianes jährliches Umsatzwachstum von 11%, das 1,4 Prozentpunkte über rein finanziell orientierten Vergleichsunternehmen lag.
Laut einer aktuellen Morgan Stanley Umfrage sehen 88 % der Investoren weltweit Nachhaltigkeit als Werttreiber.
Und in der Gegenwart?
Haben sich diese Erkenntnisse durch die politischen Diskussionen plötzlich geändert? Aktuelle Unternehmensbefragungen geben eine klare Antwort:
PwC befragte für die Studie “State of Decarbonization 2025” über 4.000 Unternehmen:
- Aktuell gibt es neunmal mehr Unternehmen mit Klimazielen als 2019
- 37 % der Unternehmen verstärken ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen
- ESG und Nachhaltigkeit sind in den Unternehmen strategisch verankert – sie haben auch einen Fortbestand, wenn die Unternehmensleitung wechselt.
Morgan Stanley Ergebnisse aus der Umfrage “Sustainable Signals 2025” zeigen:
- 88 % der Investoren weltweit sehen Nachhaltigkeit als Werttreiber
- 59% planen Erhöhung ihrer nachhaltigen Investments im nächsten Jahr
- 99% der Gen Z und 97% der Millennials priorisieren Nachhaltigkeit bei ihren Investitionen
EY kam im Dekabonisierungsbarometer 2025 zu folgenden Ergebnissen:
- 41 Prozent der Unternehmen in Deutschland sehen Dekarbonisierung als Top-Priorität – trotz geopolitischer Unsicherheiten
- Der Fokus liegt auf wirtschaftlich sinnvollen Handlungsfeldern: Energieeffizienz, grüne Energie und die Reduktion von Scope-3-Emissionen stehen im Mittelpunkt – als Schlüssel zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit
- Unternehmen investieren weiter in Dekarbonisierung und planen steigende Ausgaben
Diese Erkenntnisse sind das eine. Doch wie sieht die Realität in den Unternehmen selbst aus? Ändern Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsstrategien aufgrund der politischen Diskussion?
Warum Nachhaltigkeit geschäftsrelevant bleibt
Die Unsicherheit rund um ESG und Nachhaltigkeit betrifft primär die politische Ebene, nicht die Unternehmensrealität: Marktforschung und Studien belegen weiterhin die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit als strategischem Wachstumsfaktor.
Warum Unternehmen an ihren Nachhaltigkeitszielen festhalten
Best Practices im Unternehmen haben ein Gedächtnis
Die großen Unternehmen am Ende der Lieferketten haben über Jahre hinweg Standards und Prozesse für ihre Zulieferer etabliert.
Einkaufsabteilungen haben Bewertungskriterien definiert, Lieferantenportale wurden programmiert und entsprechende Bewertungskriterien eingeführt.
Diese Verfahren haben eine eigene Trägheit entwickelt und werden nicht plötzlich zurückgebaut, nur weil sich die politische Großwetterlage in Teilen der Welt ändert.
Diese Best Practices verschwinden nicht über Nacht, nur weil sich regulatorische Anforderungen lockern könnten.
Nachhaltigkeit ist weiterhin wichtig für Risikomanagement, für die Reputation, oder sie gehört seit Jahren zu den gewachsenen Unternehmenswerten.
Nachhaltigkeit ist ein Teil ihrer DNA
Für viele Unternehmen gehört Nachhaltigkeit zu ihrem Wertekompass:
Das deutsche Unternehmen Vaude bezieht 90 Prozent der Materialien aus recyceltem Material und hat seine Emissionen im letzten Jahr um 48 Prozent verringert.
Würth hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 weitestgehend zirkulär zu wirtschaften. Das Unternehmen möchte wertvolle Rohstoffe sozial gerecht in klimaschonenden Stoffkreisläufen erhalten.
Nachhaltigkeit ist vielen Mittelständlern eine Herzensangelegenheit. Viele Betriebe haben ihre eigenen Projekte, die sich für soziale Belange, Klima- oder Artenschutz engagieren – und das bereits seit vielen Jahren.
Doch es geht nicht nur um die Trägheit einmal etablierter Prozesse. Weitere gute Gründe sprechen dafür, dass Nachhaltigkeit auch in Zukunft relevant bleibt.
Nachhaltigkeit ist vielen Mittelständlern eine Herzensangelegenheit. Viele Betriebe haben ihre eigenen Projekte, die sich für soziale Belange, Klima- oder Artenschutz engagieren - und das bereits seit vielen Jahren.
Nachhaltigkeitsaspekte sind oft mit geschäftskritischen Risiken verbunden
Environment – Umweltrisiken bedrohen Geschäftsmodelle direkt
Klimaresilienz wird zum Kostenfaktor: Extreme Wetterereignisse verursachen messbare Mehrkosten wie höhere Energieverbräuche für Klimatisierung, Produktionsausfälle durch Hitze oder Unwetter oder für beschädigte Infrastruktur.
Lieferketten unter Druck: Klimarisiken wirken entlang der gesamten Wertschöpfungskette. So kann es zu Rohstoffknappheit durch Dürren oder Transportausfälle durch Extremwetter kommen. Unternehmen ohne Risikomanagement ihrer Lieferketten sind verwundbar.
Bewertung durch Banken: Klimarisiken stellen messbare Geschäftsrisiken dar. Banken bewerten weiterhin, ob ein Produktionsstandort in einem Hochwassergebiet liegt oder ob ein Geschäftsmodell von steigenden CO₂-Preisen bedroht ist. Der Bankensektor denkt pragmatisch, entscheidend bleibt die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Kreditnehmers. Dazu gehört zwangsläufig der Umgang mit Ressourcenknappheit, Energiepreisen und klimabedingten Risiken.
Der norwegische Staatsfonds NBIM zeigt exemplarisch, wie systematisch institutionelle Investoren ESG-Risiken bewerten: Unternehmen mit unzureichenden Nachhaltigkeitsstandards werden aus dem Portfolio ausgeschlossen.
Social – Fachkräfte erwarten nachhaltiges Engagement
Die demografische Entwicklung lässt sich nicht wegdiskutieren. Unternehmen konkurrieren um eine schrumpfende Zahl qualifizierter Arbeitskräfte.
Eine aktuelle Deloitte-Studie zeigt: die Generation Z und die Millenials bevorzugen nachhaltige Unternehmen. Sie recherchieren vor Stellenantritt, wie Unternehmen bei Nachhaltigkeitsthemen aufgestellt sind.
Dazu haben wir kürzlich einen eigenen Blogbeitrag veröffentlicht.
Bewerber wollen wissen, wie das Unternehmen mit Ressourcen umgeht, ob es soziale Verantwortung übernimmt und welchen gesellschaftlichen Beitrag es leistet. Hier können Unternehmen sich einen strategischen Vorteil für das Recruiting von Fachkräften aufbauen.
Governance – Gute Unternehmensführung als Risikoschutz
Klare Strukturen schaffen Vertrauen: Transparente Entscheidungswege, dokumentierte Prozesse und eindeutige Verantwortlichkeiten sind kein bürokratischer Ballast, sondern schützen vor kostspieligen Fehlentscheidungen. Banken und Investoren bewerten die Führungsqualität als einen der wichtigsten Kreditrisikofaktoren.
Systematisches Risikomanagement: Unternehmen ohne strukturierte Risikobewertung sind Überraschungen schutzlos ausgeliefert. Früherkennung von Marktveränderungen, Lieferantenausfällen oder regulatorischen Änderungen kann geschäftskritisch werden. Gute Unternehmensführung ist letztendlich präventiver Risikoschutz: Sie verhindert Probleme, bevor sie entstehen, und schafft das Vertrauen, das moderne Geschäftsbeziehungen benötigen.
Diese Faktoren – etablierte Prozesse, fortbestehende Geschäftsrisiken, der Wettbewerb um Talente und gute Unternehmensführung – erklären, warum die Nachhaltigkeitsambitionen in vielen Unternehmen stabil bleiben.
Doch was bedeutet das konkret für Sie als Mittelständler?
Wie können Sie als Unternehmer die Verwirrung um ESG einordnen?
Von der Unsicherheit zum strategischen Vorteil
Aus den bisherigen Punkten wird klar, dass Nachhaltigkeit geschäftsrelevant bleibt. Die Frage ist, wie Sie diese strategisch nutzen können.
Sie können sich zunächst an diesen Punkten orientieren:
Wesentlichkeit verstehen: Nicht jedes Nachhaltigkeitsthema ist für jedes Unternehmen gleich relevant. Ein Logistikunternehmen hat andere Schwerpunkte als ein Softwarehaus. Die systematische Analyse, welche Themen wirklich geschäftsrelevant sind, fokussiert die Energie auf das Wesentliche.
Strategie entwickeln: Nachhaltigkeit wird in die Unternehmensstrategie integriert. Das bedeutet: klare Ziele, definierte Verantwortlichkeiten, messbare Kennzahlen. Ohne diesen strategischen Rahmen bleiben Nachhaltigkeitsaktivitäten Stückwerk.
Projekte umsetzen: Zwischen Strategie und Bericht liegt der eigentliche Mehrwert. Konkrete Projekte – sei es die Elektrifizierung des Fuhrparks, die Optimierung von Produktionsprozessen oder die Entwicklung nachhaltiger Produktlinien – schaffen den tatsächlichen Mehrwert.
Von den Fragen zur Standortbestimmung
Bei NordKompass begleiten wir Sie systematisch durch alle Phasen Ihrer Nachhaltigkeitsentwicklung. Der erste Schritt ist immer eine ehrliche Standortbestimmung.
Diese vier Fragen unterstützen Sie bei einer ersten Selbsteinschätzung:
- Welche Ihrer Stakeholder fragen Nachhaltigkeitsinformationen an? Kunden, Banken, Investoren, potenzielle Mitarbeiter – wer fordert was?
- Wo sehen Sie konkrete Geschäftschancen? Neue Produkte, effizientere Prozesse, bessere Finanzierungskonditionen – wo könnte Nachhaltigkeit damit zu einem Wettbewerbsvorteil werden?
- Welche Risiken müssen Sie managen? Klimarisiken, Ressourcenknappheit, sich ändernde Kundenpräferenzen – was könnte Ihr aktuelles Geschäftsmodell gefährden?
- Wie systematisch ist Ihr aktueller Nachhaltigkeits-Ansatz? Haben Sie eine klare Strategie oder setzen Sie Einzelmaßnahmen?
Gerne unterstützen wir Sie bei Ihren Fragen zur Nachhaltigkeit im Mittelstand. Gemeinsam mit Ihnen stellen wir Ihre Nachhaltigkeitsstrategie auf solide Füße. Unser Ansatz steht für praktisches, unbürokratisches Systemdenken. Nachhaltigkeit wird daher bei uns nicht zur Zusatzaufgabe, sondern zum integrierten Bestandteil Ihrer Unternehmensstrategie.
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Hier finden Sie weitere Blog-Artikel zum Thema Nachhaltigkeitsstrategie.
Fragen zum Blogartikel
Hier beantworten wir Ihnen Fragen zum Blog-Artikel.
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage unter Fragen und Antworten.
Sollten Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsinitiativen wegen ESG-Diskussionen stoppen?
Im Gegenteil. Während politische Diskussionen für Verunsicherung sorgen, zeigen aktuelle Studien: Investoren sehen Nachhaltigkeit weiterhin als Werttreiber. Unternehmen, die jetzt an ihren Nachhaltigkeitszielen festhalten, können sich als verlässliche Partner positionieren.
Wie gehe ich als Mittelständler mit den widersprüchlichen Signalen zu ESG um?
Orientieren Sie sich an den stabilen Geschäftstreibern statt an politischen Diskussionen: Fragen Ihre Kunden nach CO₂-Bilanzen? Verlangen die Banken Nachhaltigkeitskennzahlen von Ihnen? Möchten Sie sich für junge Fachkräfte attraktiv aufstellen? Diese operativen Anforderungen bleiben bestehen – unabhängig von politischen Wendungen.
Was ist der erste Schritt für eine wirksame Nachhaltigkeitsstrategie im Mittelstand?
Der erste Schritt ist immer eine ehrliche Standortbestimmung: Welche Ihrer Stakeholder fragen bereits nach ESG-Daten? Wo sehen Sie konkrete Geschäftschancen?
Wo könnte Nachhaltigkeit damit zu einem Wettbewerbsvorteil werden? Welche Risiken müssen Sie managen?
Was könnte Ihr aktuelles Geschäftsmodell gefährden? Wie systematisch ist Ihr aktueller Nachhaltigkeits-Ansatz? Haben Sie eine klare Strategie oder setzen Sie Einzelmaßnahmen?
Eine systematische Wesentlichkeitsanalyse zeigt, welche Nachhaltigkeitsthemen für Ihr Geschäftsmodell wirklich relevant sind. So vermeiden Sie Aktionismus und fokussieren Ihre Energie auf das Wesentliche.
Die Autorin:

Naomi Becker
Nachhaltigkeit kommunizieren
Naomi Becker ist spezialisiert auf Nachhaltigkeitskommunikation und soziale Aspekte
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